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Collegium Alexandrinum der
Universität Erlangen-Nürnberg - Wissenschaft für die Öffentlichkeit - |
Wintersemester 2014/2015 |
Martius-Pharmakognosie-Sammlung: „Tapioka - ein Stärkerohstoff aus Brasilien“
Geplant am 6. Dezember 2014
Ort: Institut für
Pharmazie und Lebensmittelchemie, Schuhstraße 19
„Tapiocca.
Rio Janeiro“ ist die Aufschrift bei einem etwa 200 Jahre alten, sorgsam verschlossenen,
16 cm hohen Glaszylinder, der angefüllt ist mit unregelmäßig geformten
Stärkeklumpen (2 bis 6 mm) der Tapiocca aus
Rio Janeiro, einem schon damals bedeutsamen Stärke-Rohstoff aus
Brasilien.
Tapioka ist noch heute, und heute erst
recht eine vielseitig verwendete, geschmacksneutrale Stärke, die aus den
Wurzeln der Maniok-(Cassava-, Mandioka-) Staude, Manihot
esculenta, einem Wolfsmilchgewächs (einer Euphorbiacea) gewonnen wird.
Die Heimat der tropischen Maniok-Staude
ist Brasilien. Schon im 16. Jahrhundert kam sie mit portugiesischen
Sklavenhändlern nach Guinea und in das Kongo-Gebiet und wurde später nach
Indonesien gebracht. Heute wird Maniok in großem Maßstab in allen geeigneten
tropischen Gebieten angebaut.
Die bis 3 m hohe Maniok-Pflanze (mit
großen, langgestielten, tief handförmig geteilten Blättern) bildet (meist)
zylindrische Wurzelknollen (30 bis 50 cm, sogar bis 1 m lang, 5 bis 10 cm dick
und einige kg schwer). – Alle Pflanzenteile sind durchzogen von langen
Milchröhren, die das giftige Linamarin (an
Zucker gebundenes Cyanid) enthalten; bei Zerstörung des Gewebes wird aus Linamarin enzymatisch Blausäure freigesetzt.
Deshalb ist ein roher Verzehr der
(herkömmlichen) Wurzelknollen nicht möglich. Kochen, Rösten oder Dämpfen der
geschälten und getrockneten Knollen aber vertreibt das Cyanid als Blausäuregas,
und das weiche Gewebe wird zu einem beliebten Speisebrei verarbeitet oder zu
Fladen verbacken. – Da die Knollen schnell
verschimmeln, wird ein großer Teil der Ernte im Haus oder in einer Fabrik zu
Mehl verarbeitet, das giftfrei ist, lange haltbar bleibt und in Säcken (in
Brasilien als ‚Farinha’) gelagert und
gehandelt wird.
Für den Export wird in Brasilien meist
reine Stärke hergestellt (die ‚Tapioka’), die man walzt oder zu Perltapioka
verarbeitet.
In Küchen in S-O-Asien ist Perltapioka
(„Perlsago“) ein wichtiger Zusatzstoff zu vielen
Speisen.
In Westafrika verbreitet ist ‚Gari’,
ein körniges, geröstetes Maniokmehl, ein Grundnahrungsmittel. Es wird dick aufs
Essen gestreut, oder man kocht daraus einen Teigkloß.
Getrocknet hält sich Gari lange Zeit.
Industriell wird Tapiokastärke
eingesetzt als Soßenbinder und auch als Bindemittel bei der
Tablettenherstellung in der Pharmazie. In der Tierfuttermittelherstellung ist
Tapiokastärke ein wichtiger Bestandteil für die Kohlenhydrat-Versorgung und
auch als Bindemittel bei der Herstellung von Futter-Pellets. -
Der alte Stärkerohstoff Tapioka ist auf
vielfältige Weise weltweit wichtig geblieben und aktuell geworden.
Maniok-Pflanzen in Brasilien |
Maniok-Wurzelknollen |
Yuca-Wurzelknolle im Amazonas-Gebiet |
Pé-de-Moleque
(Süßspeise) in Manaus (Amazonas) |
Die Martius-Sammlung und ihre Geschichte
Text und
Fotos: Prof. Dr. Karl Knobloch
Stand:
3.12.2013