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Collegium Alexandrinum

der Universität Erlangen-Nürnberg

 

Martius-Pharmakognosie-Sammlung:

„Getreidekörner und Mutterkorn“

 

Führung am 19. November 2005

 

Ort: Institut für Pharmazie und Lebensmittelchemie, Schuhstraße 19

 

Prof. Dr. Karl Knobloch

 


In der Martius-Sammlung finden wir zahlreiche Sorten gut erhaltener Samen von Nutzgräsern aus den Gattungen Roggen (Secale cereale), Weizen, Gerste und Hafer (Herkunfts- u. Domestikationsgebiet Naher- u. Mittlerer-Osten), aus der Gattung Reis (China u. S-O-Asien), Hirse (Asien u. Afrika) und Mais (Mittel-Amerika).

Nach wie vor liefern diese Getreide den größten Anteil bei der weltweiten Nahrungserzeugung. Das Gras-Samenkorn enthält den ölreichen Embryo, dem ein großes stärkehaltiges Nährgewebe anliegt. Heute produzieren besondere Getreide-Sorten auch Stärken für spezielle technische Verfahren.

Die Backfähigkeit von Getreide-Stärken bzw. Mehlen hängt ab vom Vorhandensein klebriger Proteine, dem Kleber-Eiweiss mit dem „Gluten“. Gluten kann in seltenen Fällen eine schon im Kleinkindalter manifeste und chronische Unverdaulichkeit zeigen mit den Kennzeichen der „Zöliakie“, die dann eine aufwendige glutenfreie Ernährung notwendig macht.

Die einfach gebaute Gras-Blüte hat schützende Hüllblätter, die bei der Reife zum ‚Spelz’ werden. Beim Reis sind dort die Elemente Si und C in einem so idealen Verhältnis gegeben, dass beim Verkoken dieses Abfallproduktes hochtemperaturbeständige Kristalle aus Siliziumkarbid entstehen können, die zur Verstärkung von wertvollen Metallen dienen.

Schon immer waren die Getreide wie auch ihre Vorfahren, die Wildgräser, anfällig gegen parasitierende Pilze, wie Claviceps purpurea, deren Sporen im Boden vorkommen und die sich bei geeigneten Wetterverhältnissen im heranwachsenden Getreidekorn einnisten und dort zu den braun-schwarzen Mutter-Körnern (Secale cornutum) heranwachsen. Im Mutterkorn, dem Dauermycel des Pilzes, werden stark wirkende Alkaloide mit dem tetrazyklischen Grundgerüst des Ergolins gebildet. Früher im Mittelalter führte deren Mitvermahlung im Mehl zu gefürchteten Vergiftungsepedemien, dem „ignis sacer“, dem „Antonius-Feuer“. Heute werden Mutterkorn-Inhaltstoffe, die Clavin-Alkaloide und die Lysergsäure-Derivate, als unverzichtbare Arzneien genutzt wegen ihrer Gefäß- und Uterus-kontrahierenden und wegen ihrer sympatholytischen Wirksamkeit, so zur Einleitung eines Geburtsvorganges ebenso wie in der Migränetherapie.

 

Zur Martius-Sammlung:

Vor mehr als 200 Jahren begann der Erlanger Hofapotheker Ernst Wilhelm Martius (1756-1849), Dr.h.c.mult., seit 1818 der erste Dozent für Pharmazie an der Friedrich-Alexander-Universität, mit der Sammlung natürlicher Rohstoffe aus aller Welt, die als Ausgangsmaterial für Arzneien, Nahrungsmittel und Bedarfsgegenstände galten; in getrockneter, haltbarer Form waren dies „Drogen“.

Von seinen beiden Söhnen vermehrte die Sammlung mit großem Eifer besonders der jüngere, Theodor Wilhelm Christian Martius (1796-1863), promoviert an unserer Universität und als Apotheker Nachfolger seines Vaters in der Hofapotheke. Auch er wurde Dozent und war ab 1848 Professor für Pharmazie und Pharmakognosie („Drogenkunde“). Die Studenten experimentierten in seinem Apotheken-Labor, das er der Universität zur Verfügung stellte.

Sein älterer Bruder, Carl Friedrich Phillipp von Martius, (1794-1868), Dr.med., trug auch zur Sammlung bei, besonders da er als Professor der Botanik in München und bekannter Naturforscher im Auftrage des Königs auf große Exkursion nach Brasilien fahren konnte.

Die „pharmakognostisch-pharmazeutisch-technische Sammlung des Dr. Theod. Wilh. Christ. Martius“ wurde 1847 in einem „numerischen Verzeichnis“ erfasst; sie wurde 1862 von der Universität erworben und war dann für lange Zeit vergessen und verstreut aufbewahrt in verschiedenen Instituten um den Schlossgarten.

Heute ist die Martius-Sammlung ideal im Dachgeschoss des Instituts für Pharmazie und Lebensmittelchemie untergebracht; ein Seminarraum nebenan ermöglicht die ausführlichere Besprechung ausgewählter Drogen. Die Sammlung enthält nahezu vollständig die im 19. Jahrhundert bekannten Arzneidrogen und ermöglicht somit einen besonderen Blick in das naturwissenschaftliche Verständnis dieser ereignisreichen, bedeutenden Zeit.

 

Die Martius-Sammlung und ihre Geschichte

 

 

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Stand: 27. Oktober 2005,

ergänzt am 26. Dezember 2007/10.11.2008 (Foto)

Foto: Prof. Dr. Karl Knobloch