Collegium Alexandrinum |
im Wintersemester 2003/2004
(soweit vorhanden)
Vortrag am 30. Oktober 2003 im Collegium Alexandrinum:
Spurensuche - Synagogen und jüdisches Leben in Bayern
Barbara Eberhardt und Angela Hager
Projekt Synagogen-Gedenkband
Bayern
Universität Erlangen-Nürnberg
Harfenstr. 16
91054 Erlangen
1930 gab es in Bayern über 250 Synagogen,
von einfachen Landsynagogen bis zu architektonischen Meisterbauten in den
Städten. Sie
zeugten von der Vielfalt der jüdischen
Geschichte in Franken und den anderen bayerischen Gebieten, bis die meisten
von ihnen während
der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft
zerstört wurden. Das Projekt Synagogen-Gedenkband Bayern hat das Ziel,
die Geschichte
dieser Gotteshäuser und der Gemeinden,
die in und mit ihnen lebten, zu dokumentieren.
Im Vortrag geben die wissenschaftlichen
Mitarbeiterinnen Barbara Eberhardt und Angela Hager anhand von vier Ortsbeispielen
einen
Einblick in die Arbeit des Projekts. Nach
einer einleitenden Kurzinformation über Ziele und Vorgehensweise des
Projektteams folgt ein
kurzer Überblick über die Geschichte
der Juden in Bayern.
Anschließend werden die Arbeitsergebnisse
zu vier Orten vorgestellt:
- zum unterfränkischen Miltenberg,
dessen jüdische Gemeinde im 13. Jahrhundert eine prächtige Synagoge
im gotischen Stil errichtete,
deren Fragmente noch heute im Hinterhof
einer Brauerei zu sehen sind;
- zur ehemaligen freien Reichsstadt Regensburg
in der Oberpfalz, deren jüdische Gemeinde im Mittelalter eine blühende
Talmudschule
betrieb und die heute wieder im Wachsen
begriffen ist;
- zum mittelfränkischen Gunzenhausen,
dessen jüdische Vergangenheit mittlerweile in zwei aufsehenerregenden
Projekten aufgearbeitet
wurde und wird;
- zum kleinen unterfränkischen Ort
Kleinbardorf, in dem die Beziehungen von Christen und Juden sich im Spannungsfeld
zwischen
Dorfsolidarität und Antisemitismus
bewegten.
Eine Reflexion über Grenzen und Chancen
der Arbeit am Synagogen-Gedenkband rundet den Vortrag ab.
Psychotherapie und Religion. Gegner oder Bundesgenossen?
Prof. Dr. Joachim Demling
Klinik für Psychiatrie
und Psychotherapie
Universität Erlangen-Nürnberg
Schwabachanlage 6
91054 Erlangen
Psychotherapie und Religion sind, auf ihre
je eigene Art, um das „seelische Wohl“ des Menschen bemüht. Die christliche
Religion hat eine lange seelsorgerliche Tradition, die Psychotherapie geht
von sehr unterschiedlichen theoretischen und praktischen Ansätzen
aus.
Das Verhältnis beider zueinander
ist von einer langen geschichtlichen Kontroverse geprägt. Der Vortrag
versucht zur Diskussion darüber anzuregen, worin sich Psychotherapie
und Seelsorge unterscheiden, ob sie in der Arbeit mit dem Hilfesuchenden
einander grundsätzlich ausschließen oder wie ggf. eine gegenseitige
Befruchtung denkbar wäre. Eine eigene Studie zur Wertigkeit von Glaube/Religion
in der psychotherapeutischen Praxis wird vorgestellt.
100 Jahre Psychiatrische Universitätsklinik
Erlangen:
Biographien ihrer Leiter und Schwerpunkte
der Forschung
Prof. Dr. Rolf Baer
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Universität Erlangen-Nürnberg
Schwabachanlage 6
91054 Erlangen
Am 1. Oktober 2003 wurde die Psychiatrische Universitätsklinik Erlangen 100 Jahre alt. Als Abschluss einer Serie von Veranstaltungen berichtet Prof. Dr. Rolf Baer, dort seit 32 Jahren tätig, im Collegium Alexandrinum der Universität über die Biographien ihrer früheren Leiter und die Schwerpunkte der Forschung. Die Rolle der Klinik im Nationalsozialismus wird ebenso dargestellt wie die Pionierarbeit auf dem Gebiet der Psychopharmakologie ab 1953. Der Vortrag findet statt am Donnerstag, dem 20.11.2003 um 20.15 Uhr in der Aula der Universität.
Kafkas Arbeit am Mythos und die „talmudische Melodie“
Prof. Dr. Theo Elm
Institut für Germanistik
Professur für Neuere
Deutsche Literaturgeschichte
Universität Erlangen-Nürnberg
Bismarckstraße 1
91054 Erlangen
Ausgangspunkt des Vortrags ist der Widerspruch
zwischen Kafkas erkenntniskritischer Modernität und den vormodernen
Bildvorstellungen seiner Texte (der „Mann vom Lande“, die „kaiserliche
Botschaft“, der „Hausvater“ usw.). Kafkas Mythenerzählungen („Das
Schweigen der Sirenen“) zeigen jedoch, daß solche Bildprägungen
unter dem Einfluß der aufklärerischen Vernunft des Erzählers
ihren archaischen Sinn verloren haben. Allerdings haben sie eine neue ‚vernünftige’
Bedeutung nicht gewonnen. Die entmytisierende Reflexion bleibt also sinnoffen,
ohne Ende. Die Sinnoffenheit der Reflexion hinter Kafkas Bildern weist
auf Kafkas Judentum: Auch die Kommentare des Talmud sind endelos. Aber
ihre Unendlichkeit zeigt den unausschöpfbaren Bedeutungsreichtum der
Religionsgesetze.
Die sinnfreien Bildauflösungen des
jüdischen Aufklärers Kafka dagegen erweisen nur die Begrenztheit
der Vernunft, die einen abschließenden Sinn nicht zu finden vermag.
Kafkas ‚modernes’ erkenntniskritisches Problem zeigt nicht nur das Dilemma
der Assimilation zwischen Judentum und Aufklärung, sondern auch den
Abstand seines Werks zur heutigen Postmoderne mit ihrer Sinnbeliebigkeit.
Jüdische Sondersprachen in Mittelfranken
PD Dr. Alfred Klepsch
Institut für Germanistik
Privatdozent am Lehrstuhl für Germanistische
Sprachwissenschaft
Universität Erlangen-Nürnberg
Bismarckstraße 1
91054 Erlangen
In Mittelfranken wurde bis vor 150 Jahren
von den hier ansässigen Juden ein westjiddischer Dialekt gesprochen.
Diese Sprache enthielt Merkmale, die mit den lokalen Dialekten Mittelfrankens
identisch waren, aber auch solche, die sie davon unterschieden. Vor allem
die zahlreichen Lehnwörter aus dem Hebräischen bewirkten, daß
das Jiddische von den Christen kaum verstanden wurde.
Die meisten Juden lebten damals in kleinen
Ortschaften auf dem Land, weil ihnen der Zuzug in Städte wie Nürnberg
oder Weißenburg noch verboten war. Mit der Emanzipation setzte dann
eine Landflucht ein, die einherging mit kultureller, insbesondere auch
sprachlicher Assimilation. Aus diesem Grund starb das Westjiddische aus
und wurde durch eine jüdische Umgangssprache ersetzt, die der Umgangssprache
der Christen weitgehend entsprach und sich nur dadurch unterschied, daß
für Begriffe aus dem Bereich von Religion und religiösem Brauchtum
weiterhin hebräische Lehnwörter verwendet wurden. Deren Aussprache
glich sich aber allmählich einer Konvention an, die im ganzen deutschen
Sprachgebiet beachtet wurde, so daß auch in dieser Beziehung keine
spezifisch regionalen Sprachmerkmale mehr erhalten blieben.
Reste des historischen Jiddisch haben
aber in der Nische von Sondersprachen überlebt, die heute noch von
einigen Gruppen der nichtjüdischen Bevölkerung Mittelfrankens
gesprochen werden. Zu nennen sind in erster Linie die Berufssprache der
Viehhändler und das "Lachoudische" des Marktfleckens Schopfloch bei
Dinkelsbühl. Beide Idiome entsprechen zwar in Lautung und Grammatik
der lokalen
fränkischen Mundart, enthalten aber
einen ca. 500 Wörter umfassenden Sonderwortschatz, der es den Sprechern
ermöglicht, ein fachliches oder auch ein alltägliches Gespräch
so zu verschlüsseln, daß es für außenstehende unverständlich
ist.
Der Vortrag befaßt sich mit der
Beschreibung dieser beiden Sondersprachen in struktureller und sozialer
Hinsicht und mit ihrem Verhältnis zum historischen Jiddischen der
Region.
Pfefferkuchen, Mandelkern mögen alle Leute gern. Über unsere Weihnachtsgewürze.
Prof. Dr. Karl Knobloch
Institut für Botanik
und Pharmazeutische Biologie
Lehrstuhl für Molekulare
Pflanzenphysiologie
Universität Erlangen-Nürnberg
Staudtstraße 5
91058 Erlangen
Gewürze und ihre Aromastoffe werden
heute wie in früheren Zeiten in allen menschlichen Kulturkreisen vielfältig
genutzt. Viele Pflanzenarten produzieren sie als „Ätherische Öle“,
„Senföle“ und als „Scharfstoffe“.
Ihre richtige Anwendung machte sie zu
angesehenen Hilfsstoffen des Menschen für seine Nahrung, zur Körperpflege
und zur Behandlung von Unwohlsein und Krankheit.
Ihre Vielfalt im Pflanzenreich ist kaum
überschaubar. Aromen aus heimischen Gärten, aber auch aus fernen
Ländern – zumal aus den Tropen – haben für uns etwas oft Nicht-Alltägliches,
vermeintlich Seltenes und Wertvolles.
Unter ihnen sind geschätzte, angenehm
duftende, kräftig schmeckende und in richtiger Konzentration auch
vielfältig wirksame Stoffe.
Zu Weihnachtszeit, an den dunkleren und
kälteren Tagen, sind sie uns besonders willkommen -im Lebkuchen und
Stollen, in Plätzchen, als Süssigkeiten, in Nüssen und kandierten
Früchten, im Glühwein und auch in der Aromalampe. Nicht nur angenehm
sind sie uns in Duft und Geschmack, sie sind für uns auch wertvoll
als biochemisch aktive, als physiologisch wirksame Naturstoffe.
Weihnachtliche „Experimente“ aus der
Erlanger Physik
Physik zur Unterhaltung und zum Staunen
Die Weihnachtsvorlesung der Erlanger Physik
im Rahmen des Collegium Alexandrinum findet diese Jahr am Donnerstag, 18.
12.2003, 20.15 Uhr, im Hörsaal G des Physikums, Staudtstraße
5, statt. Gestaltet wird die Weihnachtsausgabe von Studierenden und Mitarbeitern
des Lehrstuhls für Astroteilchenphysik (Prof. Dr. Ulrich Katz) und
des Lehrstuhl für Kern- und Astrophysik (Prof. Dr. Gisela Anton).
Unterhalten, zum Nachdenken anregen und
die Physik von ihrer ursprünglichen, experimentell geprägten
Seite zeigen - dies sind die Ziele der Weihnachtsvorlesung. In ansprechender
und verständlicher Form werden diesmal Themen aus der Teilchen- und
der Astrophysik präsentiert. In zahlreichen Experimenten und multimedialen
Beiträge wird die Welt der Elementarteilchen erzählt. Beispielsweise
können die Zuhörer erleben, mit welchen Methoden die aus dem
Weltraum kommenden Teilchen, die so genannte „kosmische Strahlung“, sichtbar
gemacht werden können. Im Mittelpunkt stehen dabei die fast unsichtbaren
Neutrinos. Mit riesigen Detektoren können deren Geheimnis aufgedeckt
werden.
Die Berichterstattung in unseren Medien aus den Krisengebieten des Nahen Ostens
Prof. Dr. Johanna Haberer
Professur für christliche
Publizistik
Theologische Fakultät
Universität Erlangen-Nürnberg
Kochstraße 6
91054 Erlangen
Das Jahr 2003 war politisch dominiert vom
Krieg gegen den Irak des Saddam Hussein und der nicht enden wollenden kriegerischen
Handlungen danach. Ganz neue Dimensionen der Kriegsberichterstattung haben
wir als Fernsehzuschauer während des Irakkrieges erlebt: Krieg als
live-Übertragung. Neue Begriffe für das Handwerk des Kriegsreporters
wurden geprägt: embeddedkorrespondent z.B. Der in die Truppen eingebettete
Journalist.
Wieder einmal fragen sich Fernsehzuschauer,
Medienschaffende und Medientheoretiker: Welche Rolle spielen die Medien
im Krieg? Wie werden sie instrumentalisiert? Erleben wir heute am Bildschirm
inszenierte Kriege?
Der Vortrag gibt einen Rückblick
auf die Erkenntnisse und Reflexionen Medienschaffender im vergangenen Jahr.
Antisemitismus in der arabischen Welt
Prof. Dr. Thomas Philipp
Institut für Politische
Wissenschaft
Professur für Zeitgeschichte/Politikwissenschaft
des Nahen und Mittleren Ostens
Universität Erlangen-Nürnberg
Kochstraße 4
91054 Erlangen
Religiöse Judenfeindlichkeit - allerdings mit unterschiedlichen Folgen - ist sowohl im Christentum als auch im Islam zu erkennen. Der moderne Antisemitismus entstand ausschließlich im Europa des 19. Jahrhunderts im Kontext der Französischen und Industriellen Revolution. Manifestationen modernen Antisemitismus lassen sich in der arabischen Welt bis in die Mandatszeit zurückverfolgen werden aber erst nach dem 2. Weltkrieg häufiger. Da sie in einem völlig anderen gesellschaftlichen und politischen Zusammenhang erscheinen, bedürfen sie der Deutung und Einordnung. Diese Aufgabe wird besonders dadurch schwierig, weil heute auch in Europa erneut die Frage, was ist Antisemitismus, wer ist Antisemit, mit Heftigkeit (und oft mit politischen Absichten) diskutiert wird.
Die Jerusalem-Frage - Knackpunkt des Nahostkonfliktes
Prof. Dr. Horst Kopp
Institut für Geographie
Universität Erlangen-Nürnberg
Kochstraße 4
91054 Erlangen
Kaum ein Ort der Welt ist emotional so aufgeladen wie Jerusalem. Für drei monotheistische Weltreligionen stellt Jerusalem ein wichtiges Zentrum gelebten Glaubens dar, was in der Geschichte immer wieder zu blutigen Auseinandersetzungen geführt hat. Zeitweise gab es allerdings auch Phasen eines friedlichen, toleranten Zusammenlebens. Im Nahostkonflikt, der seit über 100 Jahren die Entwicklung im gesamten Nahen Osten überschattet, nimmt die Jerusalem-Frage eine zentrale Rolle ein, da sich hierbei in besonderer Weise scheinbar unversöhnliche und unvereinbare Standpunkte gegenüberstehen. Weniger bekannt ist, dass von Vertretern beider Seiten immer wieder kreative Ansätze entwickelt werden, das Problem zu lösen. Der Vortrag geht auch der Frage nach, warum die auf Ausgleich bedachten Stimmen offensichtlich so wenig Chancen haben sich durchzusetzen.
Bindungsentwicklung von Kindern
Prof. Dr. Gottfried Spangler
Institut für Psychologie
Universität Erlangen-Nürnberg
Bismarckstraße 6 II
91054 Erlangen
Im Vortrag wird zunächst die Entwicklung erster emotionaler Bindungen von Kindern im Säuglings- und Kleinkindalter beschrieben, wann sie erstmals auftreten, wie sie sich verändern, welche Verhaltensgrundlagen auf Seiten der Kinder gegeben sind und welche Rolle das Verhalten der Bezugspersonen spielt. Als nächstes wird auf die Bedeutung von Bindungserfahrungen für die psychische Entwicklung bis hin zum Erwachsenenalter eingegangen, z. B. inwieweit eine sichere Bindung zu einer positiven Persönlichkeitsentwicklung beitragen kann. Daneben werden auch gesellschaftlich relevante Themen angesprochen wie Bindung auf dem Hintergrund außerfamiliärer Tagesbetreuung oder Bindung bei elterlicher Trennung und Scheidung.
Organzerstörende Gewebeform des Tuberkulose-Erregers
Dr. Valentin Aplas
Schwabachstr. 15
91077 Dormitz
Die käsige Nekrose des tuberkulösen
Gewebes gehört zweifellos zu den markantesten und zugleich destruktivsten
Kennzeichen des histopathologischen Bildes der Tuberkulose. Trotz vieler
Studien ist es bislang nicht gelungen, die Pathogenese der käsigen
Nekrose beweiskräftig aufzuklären.
Eine neue, leicht praktikable Methode
ermöglicht, im für die Tuberkulose typischen käsigen, nicht
verflüssigten Nekrosegewebe mikroskopisch regelmäßig massenhaft
kokko-bazilläre wie filamentöseMykobakterien in myzeloid kolonisierten
Formationen aufzudecken, die sich mit den bekannten färberischen Verfahren
nicht nachweisen lassen.
Der substantiell bestimmende Bestandteil
der käsigen Nekrose besteht somit aus einer morphologisch besonders
gekennzeichneten myzeloid strukturierten, vorherrschend kokkoiden oder
bazillär-filamentösenMykobakterienkolonie, wallartig eingeschlossen
von einem resorptiv-fibrosierenden Granulationsgewebe mit einzelnen oder
zahlreichen mehrkernigen Riesenzellen vom Langhans- und Fremdkörpertyp.
Damit ist erstmals der Beweis erbracht
worden, daß der Erreger der Tuberkulose seine zer-störende pathogene
Wirkung nicht nur als Kochsches Stäbchen intrazuellulär entfaltet,
sondern weit wirksamer ebenso extrazellulär in einzigartig flächenhaft
myzeloid kolonisierten Verbänden. Es fällt nicht schwer, sie
direkt für die käsige Zerstörung tuberkulöser Organe
(Lunge, Niere usw.) kausal verantwortlich zu machen.
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