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Collegium Alexandrinum

der Universität Erlangen-Nürnberg

Sommersemester 2005

Vortrag am Mittwoch, dem 25. Mai 2005 im Collegium Alexandrinum

 

Ort: Aula im Schloß, Schloßplatz 4, Erlangen

Zeit: 20.15 Uhr



Sind Städte planbar? Süddeutsche Reichs- und Residenzstädte der Frühmoderne im Aufriß

 

 

Prof. Dr. Wolfgang Wüst

 

Lehrstuhl für Bayerische und Fränkische Landesgeschichte

Institut für Geschichte

Universität Erlangen-Nürnberg

Kochstr. 4

91054 Erlangen

 

Süddeutschland ist durch die Entwicklung seiner weit über die Grenzen der Region hinaus bekannten Reichs- und Residenzstädte, aber auch durch die Vielzahl seiner sich wie ein Spinnennetz in der Landschaft festgesetzten kleineren Städte und Märkte zu einer Städtelandschaft in Mitteleuropa geworden, wie sie in dieser Dichte lediglich im oberitalienischen und niederländischen Raum ihresgleichen fand. Wer einerseits die Stadtsilhouette einer gewachsenen mittelalterlichen Reichsstadt wie die Rothenburgs ob der Tauber, Nürnbergs, Weißenburgs oder Nördlingens betrachtet, in der kein Winkel, kein Haus, kein Türeingang und erst recht kein Platz dem anderen zu gleichen scheint, und wer sich andererseits in frühmodernen Planstädten und den Abbildern idealtypischer Utopien umsieht, fragt sich völlig zurecht, wie und ob Städte insgesamt planbar waren und welche graduellen Unterschiede wir auf der Zeitreise in die Utopia erkennen können. Letztere schien sich zu manifestieren in der 1686 geplanten Stadterweiterung Ansbachs, in Bruchsal, wo die Stadtkirche zur neuen, nördlich der Stadt gelegenen Residenz seit Kardinal Damian Hugo von Schönborn in den 1720er Jahren über eine verbindende Querachse die planerischen Koordinaten bot, in Freudenstadt, Erlangen, Ludwigsburg, Mannheim, Rastatt oder Karlsruhe, wo offenbar alles auf dem planerischen Reißbrett der Baumeister und fürstlichen Städtegründer entworfen wurde, in der erdrückenden Gleichung der Baustrukturen sowie in den häufig anspruchslosen, weil ohne Fundamente ausgestalteten Musterhaussiedlungen der Gründerzeit. Das Ende vom Mythos gewachsener Städte, wie Klaus Humpert und Martin Schenk annahmen, ist damit freilich noch nicht in Sicht. Im Gegenteil weisen „gewachsene“ Städte sehr viel mehr Planung auf als häufig angenommen, auch wenn sie wie Kempten ein ausgesprochenes Doppelleben führten oder wenn sie wie Regensburg mit Bischofssitz, Pfalz, reichsunmittelbaren Klöstern und Stiften eine polyzentrale Topographie zeigten. Und „geplante“ urbane Strukturen ertrugen mehr, bisweilen auch unkoordiniertes Wachsen als es prima vista vielleicht den Anschein hat.

*

Die Frage, ob Städte planbar sind, begleitet uns also durch den heutigen Abendvortrag. Symmetrie, Zentrierung und Geometrie, quadratische oder rechteckige Märkte, mühlbrettartig oder karreeförmig angeordnete Häuserzeilen, radialförmig wie Jagdsterne zulaufende Straßenzüge, Türme und Obelisken als architektonische Fixpunkte oder sieben- und mehreckige Festungsanlagen beherrschten das Bild und ließen Stadtreisende erstaunen. Es geht um die Nahtstellen zwischen städtischer Architektur, Bausubstanz, Haus- und Platzgestaltung mit und ohne dekretierter Planung. Die urbane Gesetzesmaschine, angestoßen gleichermaßen durch Räte, Bürger, Handels- und Kaufleute sowie bestellter Baumeister, ist die eine, die normative, die „spielerische“ oder die auszuführende Seite des Themas – sie ist einmal zu Papier, Leinwand oder Pergament gebracht von oft langer Dauer und großem Einfluss gewesen. Der städtische Bauzustand ist die andere, die ausgeführte und die alltagsbezogene Seite unseres Anliegens – diese ist zwar substantiell und zu Stein geworden, doch keineswegs immer auf Ewigkeit zementiert.

   

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Stand: 25. Mai 2005